Tag 15 Polen erleben

Der 15. Tag sollte spannend beginnen. Wir wollten uns auf nach Kolberg machen. Unserer letztes Wild Camp vor dem Ziel.

Wir wachten wir bei strahlendem Sonnenschein auf. Noch etwas müde vom gestrigen Tag machten wir uns, nach höchstens sechs Stunden Schlaf auf den Weg nach Elblag. Hier wollten wir unseren „Task of the day“ erledigen. Ab auf die polnische „22“, eine Schnellstraße, die auf der Trasse der, bis Kriegsende nicht fertiggestellten „Reichsautobahn“ Berlin-Königsberg verläuft. Die Polen nennen Sie liebevoll „Berlinka“, was so viel heißt wie, „aus Berlin kommend“. Die Polen haben hier einfach eine Seite der Trasse als Schnellstraße mit einer Spur je Richtung ausgebaut und auf der zweiten geplanten Richtungsfahrbahn eine Wiese angesät.

 

Kaum hatte Erika Ihre Lieblings-Rollgeschwindigkeit erreicht, knallte es auf unserem Dach. Wir hatten wohl die Dachbox nicht richtig verriegelt. Der Deckel war aufgegangen und im Rückspiegel sahen wir, dass er abgerissen war, dazu ein Schlafsack mitten auf der Fahrbahn. Wir also rechts ran, Warnblinker, Straße aufgeräumt, Ladung gesichert. Zum Glück war wenig Verkehr, insofern haben wir niemanden geschädigt und nichts wurde beschädigt. Der Großteil unseres Gepäcks war noch da. Den einen Schlafsack konnten wir bergen, der zweite fehlte. Da hielten nacheinander auch schon zwei Autos an und berichteten uns, dass der fehlende Schlafsack ca. 200 m weiter zurück liegt.

 

Als wir alles in Erikas Innenraum verstaut hatten und gerade umkehren wollten, um den Schlafsack zu holen, stoppte ein anderes Rallyeteam hinter uns. Sie hätten gerade einen blauen Passat gesehen, der 200m weiter zurück angehalten hat und in den jemand Jörgs Schlafsack gerade eingeladen hat. Schon fährt im gleichen Moment ein blauer Passat an uns vorbei. Unser Rallyefreund: „Das ist er!“. So schnell saßen wir noch nie im Auto und ab ging‘s mit Vollgas über die „22“. Erika hat echt was drauf, aber der Passat verschwand immer weiter am Horizont. Die langsameren Fahrzeuge vor uns konnten wir nur selten ohne Risiko überholen und so mussten wir uns bei Elblag endgültig damit abfinden, dass Jörgs Schlafsack weg ist. Na toll, kaum in Polen, Schlafsack gestohlen. - Dazu noch Dachbox im Eimer. Der Tag ging ja gut los.

 

Für unsere Tagesaufgabe mussten wir unsere Beweisfotos der erledigten Challanges ausdrucken lassen und in das Roadbook kleben. Da Samstag war, wollten wir an das gleich als erstes erledigen. Wer weiß wie lange die Geschäfte in Polen offen sind. Wir also auf nach Elblag Geschäft mit Fotodrucker suchen. In einer Shopping-Mall bei „Rossmann“ wurden wir fündig. Allerdings Automat kaputt! Aber wir hatten Glück und in dem Einkaufszentrum gab es einen zweiten Laden mit Foto-Drucker. Speicherkarte ein, ausdrucken, fertig. Noch ein schnelles Fastfood Baguette als Frühstück. Alles da in der Mall.

 

Für die weitere Strecke durch Polen bis nach Kolberg entschieden wir uns für die kleinen Landstraßen, statt der Schnellstraße. Wir wollten etwas sehen von diesem Land. Wir können behaupten: Das haben wir. Denn Polen ist wirklich schön. Viele Landstraßen sind noch urige Alleen, wie man es auch aus Meck-Pomm kennt. Wir fuhren durch wunderschöne Wälder, an geschwungenen Feldern vorbei und hatten tolle Ausblicke auf die Seelandschaften. Die Dörfer und Städte durch die wir hindurchgefahren sind, sind geschichtsträchtig. Burgen und andere historische Bauwerke hätten hier besichtigt werden können. Leider hatten wir keine Zeit. Der Zustand der Bausubstanz der Häuser und Infrastruktur, erinnert an den Osten Deutschlands. Sehr vieles wurde erneuert und saniert. Im Gegensatz zu den Russen, reißen die Polen die Gebäude und Straßen, die nicht mehr zu retten sind aber ab und lassen sie nicht einfach in der Gegend stehen und vergammeln.

 

Begegnet sind uns unglaublich freundliche Polen, die mit Brocken von deutsch oder englisch oder mit Händen und Füßen uns eine Kommunikation ermöglichten. Der diesbezügliche Gegensatz zu Russland ist ungefähr so, wie der zwischen schwarz und weiß oder der zwischen oben und unten.

 

Unsere Fahrt endete in Kolberg, keine 100 km vor der deutschen Grenze. Zelten in Strandnähe war der Plan. Er ging auf. Wir fanden einen tollen Sandstrand, bauten das Zelt am Waldrand auf und bekamen zufällig noch Besuch von den zwei schwäbischen Teams, mit denen wir bereits in Finnland einen Abend verbracht haben. Wir hatten sie zum grillen eingeladen. Ihr erinnert Euch sicher an den Bericht über die Vielfraße. Genau die meinen wir. An diesem Abend gab's aber nur noch Sparkost. Dafür hatten sie noch ordentliche Rest-Bestände an diversen Spirituosen. Und genau die wurden Jörg später zum Verhängnis.

 

Als wir das Zelt aufgebaut hatten, kamen  die drei Autos vom „Allgäuer Lederhosenexpress“ und noch weitere Teams dazu. Eine ilustere Runde entstand. Später am Strand entzündeten wir ein Lagerfeuer. Nachdem das Feuerholz alle war, sprang Christian noch mal in die Ostsee, nahm ein erfrischendes Bad und legte sich dann ins Zelt. Die bessere Idee. Jörg hatte die Schlechtere. Er blieb noch und setze sich bei den Bierexperten des Allgäuer Lederhosenexpress zu den Vielfraßen mit dem Restaklohol...

 

Fazit:

1. Polen ist eine Reise wert.

2. Hier leben (bis auf den Schlafsackdieb) freundliche Menschen.

3. Vielfraße können auch Schluckspechte sein.