Tag 10 und 11 Russland war keine Reise wert

Was sollen wir berichten, über ein Land, durch das wir eigentlich nur durchgefahren sind? Von der schier endlosen E105, die Murmansk mit St. Petersburg auf einer Länge von 1350 km verbindet? Von Menschen die offensichtlich ihre zweifelslos großartige Landschaft nur als Ort zur Müllentsorgung verstehen? Von ärmlichen Verhältnissen und einer großen Unbildung der Bevölkerung? Nein, davon nicht. Denn das ist keine Reise wert. Wir berichten lieber von unseren Erlebnissen in den letzten zwei Tagen.

 

Am weißen Meer sind wir gerade noch rechtzeitig aufgebrochen. Nachdem wir aufgewacht sind, starteten wir gemütlich in den Tag. Christian schmierte Brote, wir gingen noch baden und räumten das Auto neu ein. Mit mal stellten wir fest, dass sich der Wasserspiegel verändert hatte. Unsere Feuerstelle der Nacht war schon halb im See versunken. Ein prüfender Blick über die Bucht und es war klar, wir müssen Erika vor der ansteigenden Flut retten, denn sonst kommen wir hier nicht mehr raus. Dann hieß es, schnell das Zelt abbauen und ab auf die Straße. Der Weg war noch weit.

 

Unser Ziel des Tages lautete Petrozavodsk. Rund 750 ambitionierte Kilometer über die E105. Acht bis neun Stunden reine Fahrtzeit kalkulierten wir, denn es war nichts los auf der Straße und die Verhältnisse waren gut. Den Plan warfen wir alsbald über den Haufen, als wir die russische Art kennen gelernt haben, Straßenbau zu betreiben. Man stelle sich einen Bauabschnitt von 20 – 30 km vor, Fahrbahndecke abgetragen immer wieder Hubbel, Schlaglöcher und Behelfstrecke aus Schotter. 40 km/h sind erlaubt, wir fahren aber 70, um nicht ganz aufzufallen und werden von den Russen mit 100 Sachen überholt. Dann natürlich Vollbremsung Abbruchkante. Der Russe nagelt einfach drüber. Der Lada schafft das. Und wenn nicht. Egal. Sind ja alles Schrauber.

 

Nach acht Stunden Autofahren reicht es uns. Plötzlich ein verheißungsvolles Schild mit der Aufschrift Benja (natürlich in Russisch) und dem Bild einer entspannten Familie in einer Sauna. Da wir eh’ eine Pause machen wollten und uns plötzlich an Mr. Maschines Ansprache auf dem Fischmarkt erinnerten, wonach wir unbedingt in eine Sauna gehen müssten (im Nachhinein sind wir der Meinung, er muss finnische Sauna gesagt haben) entschlossen wir uns, unsere Pause in einer russischen Sauna im Nirgendwo zu machen. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie surreal diese Spa-Erfahrung war. Wir setzten uns komische Saunahüte auf und lernten, wie man sich mit Birkenblattzweigen verhaut.

 

Tatsächlich aber entspannt setzten wir unsere Fahrt fort und kamen, nun völlig außer Plan, um halb eins nachts in Petrozavodsk an. Schnell ein Hotel finden. Das Pietr In sah gut, etwas edel vielleicht, aber der Rubel ist für uns ja billiges Geld. Die hatten sogar einen Paulaner Biergarten. Leider hätte man aber kein Zimmer frei, log uns der Rezeptionist an. Warum wissen wir nicht. Eventuell waren unsere Klamotten falsch, oder es lag an ihrem Geruch. Wir jedenfalls weiter. Um die Ecke gab’s ne Absteige für 2000 Rubel. Dann halt da. Gute Nacht.

 

Am nächsten Morgen weiter Richtung St. Petersburg. Wieder E105, wieder Baustellen jetzt aber mehr Verkehr. Über die Arbeitsweise und Arbeitseinstellung der Arbeiter haben wir ja an anderer Stelle schon berichtet. Wir haben auch mittlerweile Videomaterial gesammelt. Das müsst ihr einfach mal gesehen haben. Um St. Petersburg wird es warm. An die 35 Grad im Auto. Außen herum Stau. Wir loben uns für unseren weisen Entschluss die Aufgabe aus dem Roadbook zu ignorieren. Wir wollten nicht in einem Beachclub in St. Petersburg eine geheime Botschaft erfahren. Stattdessen ließen wir die russische 4-Millionen-Stadt rechts liegen und zogen direkt weiter Richtung Ostseeküste. Hier wollten wir den Abend verbringen und einen Platz zum Zelten suchen. Doch dazu sollte es nicht kommen.

 

Nach einiger Zeit auf der Küstenstraße „Kontrolle“ (um sich dass besser vorzustellen, muss Kontrolle mit russischem Akzent gelesen werden!). Der Russe kontrolliert auch gerne. Bei dieser freundlichen Kontrolle (man versuchte sogar Deutsch mit uns zu reden, zumindest sind die Worte Guten Tag und Nicht gefallen) fielen wir leider durch und mussten umkehren. Wir wissen nicht warum. Alle anderen (Russen) durften passieren. Wir vermuten, bislang haben wir nur das Vorzeigerussland gesehen, und hinter der Kontrollstation wartete das wahre Russland. Oder ein militärischer Stützpunkt.

 

Doch wie so oft fügt sich das eine in das andere bei dieser Reise. Nach einem kleinen Umweg und nochmal Baustellen mit äußerst inspirierten Bauarbeitern, haben wir wieder einmal einen geilen Place gefunden. Ein kleiner See, eingerahmt von Grün. Endlich Bratkartoffeln essen und damit die Challange von gestern nachholen: Einen neuen Freund finden, indem man ihm einen Sack Kartoffeln gibt und man dann zu Vodka und Bratkartoffeln eingeladen wird. Aber wie hätten wir das überhaupt bewerkstelligen sollen? Bei 1837 km in drei Tagen in denen uns niemand verstehen wollte.